Alde Rungunkel

FUFFZG JOHR
Alde Rungunkeln und Müller

Als sich in den Jahren nach 1930 von Offenburg her in das ganze schwäbisch-alemannische Fasnachtsgebiet eine neue Gestalt einschlich – wohl in Anlehnung an alte Sagen- und Märchengestalten, jedoch überall ohne eine spezielle, bis ins Zeitalter der Hexenprozesse zurückreichende Fasnachtstradition – drohte besonders bei der männlichen Schuljugend sich diese Sache mit einer Verrohung und Entartung gegenüber den eigenen alten Bräuchen breitzumachen, wogegen man sich kaum wehren konnte.

Es war höchste Zeit, hier einmal Ordnung zu schaffen, bevor ein gutes und solides Fasnachtsbrauchtum Schaden erlitt. Hier muss man es einigen (damals) jungen Wolfachern hoch anrechnen, dass sie sich im Jahr 1958 unter Führung des Narro FRANZ STORZ und gewarnt durch vor allem auswärts bekanntgewordene Ausschreitungen, zu einer festen Ordnung in dieser Sache zusammenschlossen.

Sie nannten sich nach dem alten Wolfacher Spruch von der alten Rungunkel, die die Schäfe verbrennt hat, „ALDE RUNGUNKELN“ und machten sich eine eigene Tracht zurecht, die zwar immer noch etwas an andere Hexengestalten erinnert, jedoch in vielen Einzelheiten deutlich etwas Eigenes spüren lässt. So haben sie keinen Hexenbesen, sondern nach dem Spruch „und isch mit em Kochlöffel d’ Schdege nab grennt”, einen Kochlöffel.

Aber nicht erst seit 1958 ist die „Rungunkel” den Wolfacher Narren ein Begriff, denn in der überaus reichhaltigen und traditionsreichen Geschichte der Wolfacher Fasnet spielt die Altweibermühle eine herausragende Rolle. Wie kostbare Meilensteine steht dafür das immer wieder aufgeführte und vielfach modifizierte Singspiel „DIE ALTWEIBERMÜHLE VON TRIPPSTRILL” am Pfad der Wolfacher Fasnetsgeschichte. Schon in der noch erhaltenen handgeschriebenen Abschrift aus dem Jahr 1803, die erste Fassung stammt aus dem Jahr 1787 und wurde vom fürstenbergischen Schulvisitator Georg Anton Bredelin, der in Hausach seinen Dienst tat, verfasst, singt der Weber:

„So nimm die Rungunkel mein in deine kunstreiche Mühle hinein”. Darauf der Müller: „So bring nur deine Alte mir, zu meiner Mühle her.”

Ihren wohl ersten belegten Auftritt hatten die „Rungunkeln”, damals noch in der Form einer Hexengestalt, bei der Aufführung des Fasnetspiels „Der Narrogeist im Fass” im Jahr 1937. In diesem Spiel heißt es:

So flieht der echte Narrengeist,
Weil die Gewalt droht frech und dreist.
Der Geist schloss sich in Weines Fass,
Ist sicher so vor allem Hass.
Und jeder, der vom Wein nun trinkt,
Merkt, wie der Geist darinnen winkt.
Doch, weh, wie wird es uns ergehn!
Die Büttel haben uns gesehn.
Zu Hilf! Wer rächt die Narretei?
Ihr alten Rungunkeln, ihr
Hexen, kommt herbei!

Auch in den Festspielen 1949, 1958 und 1959 trat die Rungunkel in Erscheinung. Waren die Rungunkeln bis 1958 auch keine fest gefügte Gruppe, so waren sie doch sicher, genau wie die Altweibermühle, über 170 Jahre ein Stück Wolfacher Fasnet. Bei Umzügen und Narrentreffen haben sie es sich zum Ziel gemacht, mit einer Altweibermühle dieses älteste Wolfacher Fasnetspiel vor der Vergessenheit zu bewahren.

Zwar waren die Umstände und Voraussetzungen nicht gerade ideal, aber was hätte damals, beim Festspiel 1949, den späteren Gründer Franz Storz davon abhalten können, eine Alte Rungunkel zu machen? Von einer Rungunkelmaske, wie wir sie heute kennen, gab es allerdings nur die Idee. Also wurde eine Holzlarve. denn aus Holz und historisch musste sie schon sein, einfach umfunktioniert.

In den nächsten Jahren war „Storze”, wie der Franz allgemein genannt wurde, weitgehend ein Einzelkämpfer. Er versuchte gegen die Flut wilder, vor allem jugendlicher Hexen mit Gummi- und Pappmasken, das historische Brauchtum hochzuhalten. Erst in den Jahren 58/59 kamen eine Handvoll weiterer Gleichgesinnter hinzu. Es waren dies ROLAND RÖSCH, FRITZ SATORY, HANS GILLE, ERICH ENDRES, ERWIN JEHLE, LOTHAR BUCHHOLZ und FRANZ BIEDINGER. Sie stammten alle aus seiner unmittelbaren Umgebung, so dass es nicht weiter verwunderte, dass sich das damalige Elektrizitätswerk Wolfach zur Ideenküche der Alten Rungunkeln entwickelte. Manches wurde da in nächtlicher Stunde ausgebrütet.

Besonders aktuell war das Maskenproblem. Franz Storz hat auf eigene Faust und nach eigenen Vorstellungen eine erste Maske anfertigen lassen. Ein neues Muster, in enger Zusammenarbeit mit dem kleinen Narrenrat und dem damaligen Narrenvater Erich Steinhauser, wurde von dem bekannten Wolfacher Maier, genannt „Bildhauer Maier“, gefertigt. Häufige Besuche in dessen Werkstatt waren notwendig, da um Nase, Beulen und jede Furche gerungen wurde. Zum letzten Modell, der Vorlage zu allen heutigen Masken, gab der Narrenvater seinen letzten Segen. Somit war eine der wichtigsten Voraussetzungen für die erste Fasnet der Alten Rungunkeln gesetzt.

Nun ging es mit den Rungunkeln stetig aufwärts. Magisch wie die Fasnet selbst, wirkte die Maske auf viele Wolfacher. Die ersten Statuten mit ihren strengen Regeln und der Kleiderordnung wurden ausgearbeitet und damit ein wichtiger Schritt für eine saubere Wolfacher Fasnet getan. Im darauffolgenden Jahr 1959 konnte auch der damalige Bürgermeister und heutige Ehrenbürger der Stadt Wolfach Arthur Martin als Schirmherr gewonnen werden. Als äußeres Zeichen dafür stiftete er das unentbehrliche Requisit der Rungunkeln, die Kochlöffel. Seine Nachfolger als Bürgermeister übernahmen dieses Amt gerne. Damit waren die Voraussetzungen geschaffen, um die Rungunkeln zu dem Bestandteil der Wolfacher Fasnet zu machen, den sie heute darstellen. Die steigende Mitgliederzahl der Alten Rungunkeln brachte Probleme mit sich, die nur durch Beachtung der aufgestellten Statuten eine straffe Organisation und der guten Zusammenarbeit mit den Vertretern des kleinen Narrenrates im Sinne der Wolfacher Fasnet gelöst werden konnten.

Von der Gründung bis ins Jahr 1960 zählten die Rungunkeln bereits 17 Mitglieder. Bis ins Jahr 1970 wuchs die Gruppe um „Storze” auf 39 Alde Rungunkeln. Im Jahr 1983 waren es bereits 66 und bis heute sind es über 100 AIde Rungunkeln und Müller.

Ein weiteres Ziel konnte nun in Angriff genommen werden. Was wären die Alden Rungunkeln ohne ihre Weibermühle. Dank der hervorragenden Zusammenarbeit zwischen freier Narrenzunft und Alden Rungunkeln, rollte zur Fasnet 1965 die erste Altweibermühle durch Wolfachs Straßen und Gassen.

Als ein Höhepunkt in der jüngsten Geschichte der „Alden Rungunkeln” darf der Festakt zum 25-jährigen Bestehen betrachtet werden. In diesem würdigen Rahmen überbrachte Präsidialmitglied der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte Erich Steinhauser die Bestätigung, dass die „Alden Rungunkeln” offiziell in diese Vereinigung aufgenommen wurden.

In den zurückliegenden fünfzig Jahren wurden die Rungunkeln und Müller durch ein von ihnen gewähltes Gremium geführt.

Oberrungunkeln:

  • Franz Storz: 1958 bis 1982
  • Rudolf Neef: 1982 bis 1989
  • Hubert „Vitus” Kessler: 1989 bis 1995
  • Hans Glunk: 1995 bis 2003
  • Marcus Horn: 2003 bis 2011
  • Erwin Bächle: seit 2011.